Der Samowar zischte in der kalten Stille, ich gieße den
Sud in die Gläser. Am gedeckten Tisch feiern polnische
Verbannte den Heiligabend. An den Wänden frostige
Feuchte, unter der Tischdecke Heu, eine Kerze raucht
mit dunkler Flamme, also alles wie zu Hause.
"Ich höre vom Himmel Musik und Engelsgesänge. Sie
loben Gott, dass Er in diese kleine Scheune passt. Mit
dem Verstand ist das nicht zu begreifen, nur das Auge
schaut zu und fragt sich, ob es nicht träumt..."
Es wird aber niemand nach dem ersten Stern Ausschau
halten und einen festlichen Borschtsch mit Pilzen
kochen. Stattdessen gibt es ein Eisenmesser,
Schwarzbrot und Zucker, den wir uns auf einem Blatt
Papier teilen. Ich stelle meinen Teller unter, um von
dieser Süße des Lebens nichts zu verlieren. Ein anderer
verbirgt im leeren Teller sein Gesicht. Morgen wird
Gott geboren.
"Der König der Ewigkeit wird geboren, er wird sein
Volk aus den Fesseln der Sklaverei befreien. Welt,
frohlocke und verneige Dich vor dem Herrn. Denn es
hat sich erfüllt, was unsere Herzen erfreut..."
Nein, wir sind weder arm noch traurig, dieses
Taschentuch am Gesicht ist nur wegen des Schnupfens.
Es wird keine Nudeln mit Mohn und keinen süßen
Weizen geben, wir haben nur Brot und Tee. Ich sitze da
und verstehe mich selbst nicht, wenn ich so mein Leben
betrachte. Aber wir sind zusammen, was will man
mehr? Und morgen kommt der Heiland.
"Schlafe, Jesuskind, schlafe, meine Perle, schlafe, mein
Allerliebstes. Und Du, Mutter, tröste Ihn, wenn Er
weint..."
Möge die Kerze für die ganze Nacht reichen, denn so
lange müssen wir auf Ihn warten, um sich dann, am
Morgengrauen, wie jedes Jahr, immer dasselbe zu
wünschen! Wieder wird Er geboren, wieder stirbt Er
einen qualvollen Tod, wieder brennt die Kerze aus. Und
dann, im Dunkeln, werden wir in Seinem Namen
einander die Freiheit versprechen.