Student sein
Student sein, wenn die Veilchen blühen,
Das erste Lied die Lerche singt,
Der Maiensonne junges Glühen
Triebweckend in die Erde dringt.
Student sein, wenn die weißen Schleier
Vom blauen Himmel grüßend wehen:
Das ist des Daseins schönste Feier!
Herr, lass sie nie zu Ende gehn!
Student sein, wenn die Humpen kreisen,
In lieberschloss'nem Freundesbund
Von alter Treue bei den Weisen
Der Väter jauchzt der junge Mund.
Student sein, wenn die Herzen freier
Auf der Begeist'rung Höhe stehen:
Das ist des Lebens schönste Feier!
Herr, lass sie nie zu Ende gehn!
Student sein, wenn zwei Augen locken,
Ein süßer Mund verschwiegen küsst,
Daß jählings alle Pulse stocken,
Als ob im Rausch man sterben müsst'.
Student sein, in der Liebe Morgen,
Wenn jeder Wunsch ein frommes Flehen:
Das ist das Leben ohne Sorgen!
Herr, lass es nie vorübergehn!
Student sein, wenn die Hiebe fallen
Im scharfen Gang, der selbstgewählt,
Im blut'gen Aneinanderprallen
Der Mut sich für das Leben stählt.
Student sein, wenn dein einzig Sorgen,
Ob fest und tapfer du wirst stehen
An deines Lebens Wagemorgen,
Herr, lass die Zeiten nie vergehn!
Student sein, wenn in Abendmatten
Dein Weg sich sacht schon niederneigt,
Von West die Schar der Wolkenschatten
Schon vor das Blau des Tages steigt.
Student sein, wenn der Sang verklungen,
Der deinem Lenz einst Flügel lieh,
Und jung du trotzdem mit den Jungen,
Dann war es recht, dann stirbst du nie.