Dicht am Weg steht ein Baum, tief herabgebogen,
Alle Vögel sind dem Baum lang schon fortgeflogen.
Drei gen Osten, drei gen West und der Rest gen Süden
Trostlos steht der Baum allein, wenn die Stürme wüten.
Also sag ich: "Mutter, hör, schaff mir nicht Beschwerde,
Wenn ich nunmehr eins, zwei, drei selbst ein Vogel werde.
Ich will sitzen auf dem Baum und ihn wiegen leise
Winterlang mit meinem Traum, einer schönen Weise."
Ruft die Mutter: "Aber Kind!" (ihre Tränen fließen)
"Auf dem Baume wirst du mir doch erfrieren müssen!"
"Deine Augen sind so schön, Mutter, lass das Weinen -
Bald steh ich in Federn da und auf Vogelbeinen."
Weint die Mutter: "Itzik, Schatz, bind um Gotteswillen
Wenigstens den Schal dir um. Du wirst dich verkühlen!
Nimm noch die Galoschen mit, scharfe Winde wehen...
Setz die Lammfellmütze auf!", höre ich sie flehen.
"Auch die warme Weste ist anzuziehn geboten,
Willst du nicht zu Gast einkehrn unten bei den Toten."
Meine Flügel sind zu schwer. Gar zu viele Sachen
Tat die Vogelmutter um ihrem Kind, dem Schwachen.
Und ich schaue traurig in meiner Mutter Augen:
Ihre Liebe ließ mich wohl nicht zum Vogel taugen.
Dicht am Weg steht ein Baum, tief herabgebogen,
Alle Vögel sind dem Baum lang schon fortgeflogen.