[Lucheni:]
Kommen Sie her meine Damen und Herren!
Während da drin in der Kathedrale an diesem denkwürdigen 8. Juni 1867 der Kaiser von Österreich und die überirdisch schöne Elisabeth... König und Königin von Ungarn werden, haben Sie hier die einmalige Gelegenheit, ein wertvolles Erinnerungsstück zu erwerben.
Alles sehr billig!
Bitte, treten Sie näher.
Wie wär’s mit diesem Bild:
Elisabeth als Mutter mit Rudolf ihrem Sohn –
oder hier: ist das nicht nett?
Die Kaisers feiern Weihnacht im festlichen Salon
Auf diesem Glas sehen wir
das hohe Paar in Liebe zugeneigt
Einen Teller hab‘ ich auch,
der Elisabeth beim Beten in der Hofkapelle zeigt
Nehmt ein hübsches Souvenir mit
aus der kaiserlichen Welt!
Alles innig, lieb und sinnig, so wie es euch gefällt
Kitsch!
Kitsch!
Kitsch!
Verzieht nicht das Gesicht –
tut bloß nicht so als wärt ihr an der Wahrheit interessiert
Die Wahrheit gibt’s geschenkt,
aber keiner will sie haben, weil sie doch nur deprimiert
Elisabeth ist „in“
Man spricht von ihr seit über hundert Jahr’n
Doch wie sie wirklich war,
das werdet ihr aus keinem Buch
und keinem Film erfahr’n
Was ließ ihr die Vergötzung?
Was ließ ihr noch der Neid?
Was blieb von ihrem Leben als Bodensatz der Zeit?
Kitsch!
Kitsch!
Kitsch!
Ich will euch was verraten:
Eure Sisi war in Wirklichkeit ein mieser Egoist
Sie kämpfte um den Sohn,
um Sophie zu beweisen dass sie die Stärk’re ist
Doch dann schob sie ihn ab
ihr kam’s ja darauf an, sich zu befrei’n
Sie lebte von der Monarchie
und richtete sich in der
Schweiz ein Nummernkonto ein
Man hört nur, was man hör’n will
drum bleibt nach etwas Zeit
von Schönheit und von Scheiße,
von Traum und Wirklichkeit nur Kitsch!
Kitsch!
Kitsch!
Kitsch!