Ich sah eines Schlafenden
Rosenwangen,
das schwarze Barthaar
lag jung und weich,
die Silberkante
am Rand des Hemdes
umgab ein Antlitz
stolz und bleich.
Ich sah des Sängers
Wehmutsstirne,
die dunklen Haare
in edlem Fall,
die männlich schwärmenden
traurigen Lippen,
die einstmals sangen
in Arthurs Hall.
Ich sah todesdüstere
Augen blicken
und suchen jemand
und finden nicht
und matt sich schließen –
und wie es erschienen,
war wieder zerronnen
in Luft das Gesicht.
Doch lange hörte ich
seine Gedanken,
die lautlos sangen
in dunkler Qual,
eine halb vergessene
Sängersage
aus einem wälischen
oder anglischen Tal.
“Gab ich ihr nicht meine Liebe,
die liebend sich mir gab hin,
schlief ich und träumte und lag ich
denn nicht an der Liebsten Knien,
als niedersinkend die Sonne
rot hinter Wolken schien.
Lange wir tranken die Tränen,
Tränen aus seliger Brust,
tranken mit Schwermutlächeln
Liebe, der Stunde bewußt,
Liebe in Glück und Sünde,
Liebe in frevliger Lust.
Hörte ich von dem Mönche
sagen der Liebe Gebot:
’Leben ist schön und vergänglich,
Wangen der Liebe sind rot,
deine Geliebte bezeugte,
deine Osviva ist tot,
deine Osviva wird schlafen
lange in Schlummers Tal,
Schlaf in Traume und Tode
war ihre eigene Wahl,
niemals bereute sie, niemals
geht sie zum himmlischen Saal.’ "
Wie vom Meer im Schwalle,
wenn Winde kommen,
wenn Wogen wandern,
ein Sausen kam,
ein Tagesahnen
im Hadesdunkel,
verborgen, heimlich
und wundersam.
Und über Gesichter
fiel bisweilen
ein Schimmer noch klareres
Licht als zuvor
und dennoch vage
wie Mondesstrahlen
in Lebensnacht
durch Todes Tor.
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Gustaf Fröding. Schilf, Schilf, rausche. Hrsg. u. übersetzt von © Klaus-Rüdiger Utschick. 1999 Anacreon-Verlag