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Eisenbahnballade lyrics
Eisenbahnballade lyrics
turnover time:2024-11-25 11:55:10
Eisenbahnballade lyrics

Ein dichter Nebel senkte sich auf die große, fremde Stadt

Ein langer Arbeitstag lag hinter mir, ich war abgespannt und matt

Zu müde für die Autobahn, zu spät für den letzten Flug

Doch ich wollte nach Haus

Und da fand ich heraus

Gegen Mitternacht ging noch ein Zug

Es blieb noch etwas Zeit, ich wußte nicht wohin, so stand ich am Bahnhof herum

Einem Prunkbau aus längst vergangener Zeit, Drängeln, Suchen und Schieben ringsum

Ich sah die Reisenden, die Wartenden und die Gestrandeten der Nacht

So viel Gleichgültigkeit

So viel Jammer und Leid

Unter so viel kalter Pracht

Ich trat auf den offenen Bahnsteig hinaus, die naßkalte Luft hielt mich wach

Ich fröstelte, schlug meinen Kragen hoch und sah meinem Atem nach

Aus der Dunkelheit schwebten überm Gleis drei Lichter, mein Zug fuhr ein

Eine Wagentür schlug

Es war warm in dem Zug

Und ich war im Abteil ganz allein

Lautlos fuhren wir an, und die Lichter der Stadt versanken in milchigem Brei

Und immer schneller flogen erleuchtete Fenster und Vorstadtbahnhöfe vorbei

Noch ein Bahnübergang, ein paar Scheinwerfer, und die Welt da draußen verschwand

Mein Abteillicht fiel in weiß

Auf den Schotter am Gleis

Und ich ahnte das dunkle Land

Und durch die Dunkelheit drang

Der monotone Klang

Der Räder auf dem Schienenstrang

Ein einsamer Gesang

Den stählernen Weg entlang

Vorn' an der Trasse standen sie, die Haut wettergegerbt

Mit ihren Spaten hatten sie Adern ins Land gekerbt

Mit Hacken und mit Hämmern hatten sie Berge bewegt

Und Schwellen über Schotter und darauf Schienen gelegt

In bittrem Frost, sengender Glut, in Regen Tag für Tag

Nachts einen Strohsack auf dem Boden im Bretterverschlag

Und wieder auf beim Morgengrau'n für jämmerlichen Lohn

Und noch ein neues Vermögen mehr für den Stahlbaron

Und bald fauchte das Dampfroß funkensprühend durch das Land

Manch neue Industrie und manch Imperium entstand

Manch unschätzbarer Reichtum, doch an jedem Meter Gleis

Jeder Brücke, jedem Tunnel klebten Tränen, Blut und Schweiß

Die Eisenbahn trug Fortschritt -- technische Revolution --

In jeden Winkel, bis in die entlegenste Station

Trug Güter von den Seehäfen bis an den Alpenrand

Verband Menschen und Städte und trug Wohlstand in das Land

Doch der großen Erfindung haftet stets die Tragik an

Daß sie dem Frieden, aber auch dem Kriege dienen kann

Endlose Rüstungszüge rollten bald schon Tag und Nacht

Kriegsgerät und Kanonen war'n die vordringliche Fracht

Schon drängte sich auf Bahnhöfen siegesgewiß das Heer

Den Jubel auf den Lippen und mit Blumen am Gewehr

In fahnen- und siegesparol'n-behangenen Waggons

Nach Lemberg oder Lüttich, nach Krakau oder Mons

Im Trommelfeuer von Verdun erstarb der Siegeswahn

Aus Zügen wurden Lazaretts, und diesmal sah die Bahn

Den Rückzug der Geschlagenen und -- den Kriegsherren zum Hohn --

Im Waggon im Wald von Compiègne, die Kapitulation

Millionen Tote auf den Schlachtfeldern, sinnloses Leid

Wer heimkehrte, fand Elend, Not und Arbeitslosigkeit

Doch auf dem Boden des Zusammenbruchs gediehen schon

Die Schieber und die Kriegsgewinnler, die Spekulation

Aber es sproß auch aus den Wirr'n verstrickter Politik

Der zarte, schutzbedürft'ge Halm der ersten Republik

Doch Kleingeist, Dummheit und Gewalt zertrampelten ihn gleich

Mit Nagelstiefeln auf dem Weg ins Tausendjähr'ge Reich

Die Unmenschen regierten, und die Welt sah zu und schwieg

Und wieder hieß es: „Räder müssen rollen für den Sieg!"

Und es begann das dunkelste Kapitel der Nation

Das dunkelste des Flügelrades: Die Deportation

In Güterwaggons eingeschlossen, eingepfercht wie Vieh

Verhungert und verzweifelt, nackt und frierend standen sie

Hilflose Frau'n und Männer, Greise und Kinder sogar

Auf der bittren Reise, deren Ziel das Todeslager war

Dann aber brach der Zorn der Gedemütigten herein

Kein Dorf blieb da verschont, da blieb kein Stein auf einem Stein

Und Bomben fielen, bis das ganze Land in Flammen stand

Die Städte ausradiert war'n und der Erdboden verbrannt

Der Krieg war mörderischer als jemals ein Krieg zuvor

Und schwer gestraft das Volk, das ihn frevelnd heraufbeschwor

In Trümmern und Ruinen strichen sie hungernd umher

Die Überlebenden, die Ausgebombten, nichts ging mehr

Und immer längere Flüchtlingstrecks kamen Tag für Tag

Und irrten durch ein Land, das unter Schutt und Asche lag

Der Überlebenswille zwang sie, nicht zu resignier'n

Die Aussichtslosigkeit, das Unmögliche zu probier'n

Noch aufzuspringen, wenn irgendwo ein Hamsterzug ging

Wenn an den Waggontür'n schon eine Menschentraube hing

Ein Platz auf einem Puffer, einem Trittbrett bestenfalls

Mit Hoffnung auf ein bißchen Mehl, Kartoffeln oder Schmalz

Was auf dem Bahndamm lag, wurde von Kindern aufgeklaubt

Und manch ehrlicher Mann hat manchen Kohlenzug beraubt

Und dann kamen die Züge mit den Heimkehrern besetzt

Verwundet und zerschunden, abgerissen, abgewetzt

Wie viele Dramen spielten sich auf den Bahnsteigen ab!

Suchen und Freudentränen, wo's ein Wiedersehen gab

Warten, Hoffen und Fragen: "Wird er diesmal dabei sein?"

Viele kamen vergebens, und viele gingen allein

Zerschoss'ne Loks und Wagen wurden recht und schlecht geflickt

Und auf ein abenteuerliches Schienennetz geschickt

Und der Puls begann zu schlagen, und aus dem Nichts entstand

Mit Hoffnungen und Träumen beladen, ein neues Land

Und durch das Morgengrau'n drang

Der monotone Klang

Der Räder auf dem Schienenstrang

Ein schwermütiger Gesang

Den stählernen Weg entlang

Das Rattern der Räder über eine Weiche rief mich in die Gegenwart

Übernächtigt war ich aufgewacht, ich war fast am Ziel meiner Fahrt

Ich rieb mir die Augen und räkelte mich, das Neonlicht schien fahl

Und im leeren Raum

Zwischen Wachen und Traum

Sah ich sie noch einmal

Der Adler, der Fliegende Hamburger, die Preußische P-8

Und die sagenumwobene 0-5 fauchten vor mir durch die Nacht

Ein Gegenzug auf dem Nachbargleis riß mich aus den Träumen heraus

Ein Blick auf die Uhr

Zehn Minuten nur

Und zum Frühstück wär' ich zuhaus'

Draußen konnt' ich für Augenblicke in erleuchtete Fenster sehn

Sah die Menschen auf dem Weg zur Arbeit auf den Vorstadtbahnhöfen steh'n

Sah die Scheinwerfer der Autos vor den Schranken am Bahnübergang

Und eine Hoffnung lag

Über dem neuen Tag

Und in dem Sonnenaufgang

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Reinhard Mey
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  • Languages:German, French, English, Dutch
  • Genre:Singer-songwriter
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