Sie nannten sie Rosenmund,
Sie stellte die Liebe, sie stellte die Liebe...
Sie nannten sie Rosenmund,
Sie stellte die Liebe über alles.
Kaum war sie ausgestiegen am Bahnhof
Im kleinen Dorf Sant' Ilario,
Merkten es alle beim ersten Blick,
Sie war mitnichten ein Missionar.
Manchen lieben aus Langeweile,
Andere wählen die Liebe zu ihrem Beruf.
Sie tat weder das eine noch das andere,
Sie tat es aus Leidenschaft.
Aber die Leidenschaft führt oft dazu,
Die eigene Lust zu befriedigen,
Ohne zu erforschen, ob der Partner
Ein freies Herz oder ein Eheweib hat.
Und so geschah von einem Tag zum anderen,
Dass Rosenmund die unheilvolle Wut
Jener Hündinnen auf sich zog,
Denen sie den Knochen entrissen hatte.
Aber die Klatschbasen eines Dörfchens
Strotzen keinesfalls vor Tatkraft.
Die Gegenmaßnahmen bis zu dem Zeitpunkt
Hatten auf Schmähreden sich beschränkt.
Man weiß, die Leute geben gern Ratschläge,
Wobei sie sich fühlen wie Jesus im Tempel
Man weiß, die Leute geben gern Ratschläge,
Wenn sie kein schlechtes Beispiel mehr geben können.
So kam es, dass ein altes Weib, zeitlebens unbemannt,
Ohne Kinder und jenseits von Wollust,
Sich die Mühe machte und auch das Vergnügen,
Allen den rechten Rat zu geben.
Und, gewandt an die gehörnten Frauen,
Hetzte sie diese auf mit scharfen Worten:
"Der Diebstahl von Liebe wird jetzt bestraft" -
So sprach sie - "gemäß einer neuen Verordnung."
Und sie gingen zum Kommissar
Und sagten ohne Umschweife ihm:
"Dieses Luder hat schon zu viele Kunden,
Mehr als ein Lebensmittelgeschäft."
Und es kamen vier Gendarmen
Mit Federbüschen, Federbüschen,
Und es kamen vier Gendarmen
Mit Federbusch und bewaffnet.
Oftmals nehmen Polizisten und Carabinieri
Ihre Pflichten nicht ganz so genau,
Doch das gilt nicht beim Auftritt in Amtsuniform,
Und so eskortierte man sie zum nächsten Zug.
Zum Bahnhof kamen sie wirklich alle,
Vom Kommissar bis zum Kirchendiener.
Zum Bahnhof kamen sie wirklich alle,
Mit roten Augen und dem Hut in der Hand.
Um die zu verabschieden, die für eine Weile
Ohne Ansprüche, ohne Ansprüche...
Um die zu verabschieden, die für eine Weile
Die Liebe gebracht hatte ins Dorf.
Da war ein gelbes Schild
Mit einer schwarzer Schrift,
Die sagte: "Adieu Rosenmund,
Mit dir geht von uns der Frühling."
Aber eine außergewöhnliche Nachricht
Benötigt überhaupt keine Zeitung.
So wie ein Pfeil aus dem Bogen schießt,
Fliegt sie schnell von Mund zu Mund.
Und gleich am nächsten Bahnhof
Gab's viel mehr Leute als bei ihrer Abfahrt.
Einer schickt einen Kuss, einer wirft eine Blume,
Einer meldet sich an für ein paar Stunden.
Selbst der Pfarrer, der nicht verachtet,
Zwischen Miserere und letzter Ölung,
Den flüchtigen Wert der Schönheit,
Wollte sie an seiner Seite bei der Prozession.
Und mit der Jungfrau in der ersten Reihe,
Und Rosenmund nicht weit entfernt,
Trägt man spazieren durch das Dorf
Die heilige und die weltliche Liebe.