Ich gehe weil ich im Moment kein Fleisch mehr essen mag
In Ankes Bioladen, sage laut und deutlich "Guten Tag"
Mein Gruß wird nicht erwidert und hängt wie ein falscher Ton
Isoliert im Raum, und dann merke ich auch schon:
Ich liege irgendwie daneben, und ich störe hier
Der Aasgeruch des Fleischfressers haftet noch an mir
Um weiter so zu leben wie bisher weißt Du zuviel
Doch um deinen eigenen Weg zu geh'n zu einem neuen Ziel
Ohne Dich im Kreis zu dreh'n und ohne Selbstbetrug
Dazu weißt Du wieder nicht genug
Anke schweigt in ihrem knöchellangen, kackebraunen Rock
Bleich und weggetreten, fast wie unter einem Schock
Neben ihr steht jemand, ihre Mutter nehm ich an
Ist dann doch nicht ihre Mutter, es ist ihr Mann
Und anstatt nach knackig-frischen Kräutern riecht die Luft
Dumpf und abgestanden, beinah wie in einer Gruft
Um weiter so zu leben...
Ich wehre mich vergebens gegen ein Gefühl von Schuld
Als die beiden Blicke wechseln, voll verzeihender Geduld
Verbunden durch geheime Kenntnis vom verborg'nen Sinn
Des Lebens, von der ich auch ewig ausgeschlossen bin
Und Anke lächelt schmerzlich wie ein welkender Salat
Der die Nichtigkeit des Seins am eignen Leib erfahren hat
Um weiter so zu leben...
Ich kaufe ein Pfund Möhren, schrumplig, weich, mit Erde dran
Die man, wenn man sie nicht essen mag, zu Kringeln biegen kann
Bei Menschen und bei Möhren von der äußeren Gestalt
Rückschlüsse zu ziehn auf ihren inneren Gehalt
Ich weiß das funkioniert nicht immer und nicht überall
Und ich will's auch nie mehr tun, nur noch in diesem einen Fall
Um weiter so zu leben...